Aus aktuellem Anlass steigen wir in das Thema mit einem kleinen Exkurs ins EU Recht ein. Hier wird daran gearbeitet, die Behandlung der Spurenstoffe in das europäische Wasserrecht zu implementieren. Wer nicht mit der Behandlung von Wasser befasst ist oder wem das einfach zu langweilig ist, kann diesen Teil gerne überspringen. Danach werde ich kurz darüber schreiben, was Spurenstoffe überhaupt sind und welche Bedeutung sie für uns haben. Am Ende befassen wir uns noch mit den Methoden zum Umgang mit Spurenstoffen.
Wie wirkt sich die überarbeitete Kommunale Abwasserrichtlinie aus?
Die Kommunale Abwasser Richtlinie (Richtlinie 91/271/EWG) ist seit über 30 Jahren die gesetzliche Grundlage für die Abwasserbehandlung in der EU. Um den geänderten Rahmenbedingungen und neuen Erkenntnissen Rechnung zu tragen, wurde sie von Grund auf überarbeitet.
Die Europäischen Kommission veröffentlichte am 26. Oktober 2022 ihren Vorschlag zur Überarbeitung der Richtlinie. Neben anderen markanten Änderungen beschäftigt sie sich jetzt auch mit der Entfernung der sogenannten Spurenstoffe.
Wird der Vorschlag angenommen, müssen alle Anlagen über 100.000 EW
Spurenstoffe entfernen. Für die Hälfte der Anlagen in einem Land muss dies bis 2030 umgesetzt sein, der Rest hat Zeit bis 2035. Für die Hälfte der Anlagen zwischen 10.000 EW und 100.000 EW wird die Entfernung von Spurenstoffen 2035 Pflicht, für den Rest 2040, sofern sie in einem
Risikogebiet angesiedelt sind.
Ein Risikogebiet liegt vor, wenn eines der folgenden Kriterien erfüllt ist. Diese sollen bis 2030 festgelegt werden:
- Gewässer, die für die Trinkwassergewinnung genutzt werden
- Badegewässer
- Seen
- Gewässer mit einem Verdünnungsfaktor <10*
- Gewässer, die für Aquakulturen genutzt werden
- In Wasserrahmen-RL definierte Maßnahmengebiete
* Ein Verdünnungsfaktor < 10 liegt vor, wenn mehr als 10 % des Wassers aus Kläranlagen stammen
Wenn man bedenkt, dass auch die Donau für die Trinkwassergewinnung genutzt wird, kann man sich das Ausmaß eines Risikogebietes vorstellen.
Der finanzielle Aufwand soll durch Beiträge von den Herstellern, in erster Linie der Pharma- und Kosmetikindustrie, abhängig von Menge und Toxizität der von ihnen in Verkehr gebrachten Spurenstoffe, gedeckt werden. Für die Verwaltung und Zuteilung der Produzentenbeiträge sollen nationale Verwaltungseinheiten durch die Hersteller gegründet werden, die die finanziellen Mittel zuteilen und deren ordnungsgemäße Verwendung überwachen sollen.
Was sind Spurenstoffe und warum spielen sie eine Rolle?
Der Begriff Spurenstoff ist eine etwas lose Bezeichnung für vom Menschen hergestellte Substanzen, die in sehr hohen Verdünnungen in Gewässern gefunden werden und von denen trotz der Verdünnung noch immer Effekte erwartet oder nachgewiesen werden.
Ein sehr verbreitetes Beispiel für solch einen Spurenstoff ist der Wirkstoff
Diclofenac, welcher sich in einer Vielzahl an Arzneimitteln für die Behandlung von Schmerzen und Entzündungen findet. Von diesem Mittel werden im deutschsprachigen Raum über
100 Tonnen im Jahr eingesetzt und ein erheblicher Anteil davon findet sich in unseren Gewässern wieder. Bei der Einnahme wird nämlich
nicht einmal ein Drittel im Körper
abgebaut. Der Rest verlässt ihn unverändert und bei Salben wird ohnehin der größte Teil beim Waschen entfernt, ohne je in den Körper zu gelangen. Leider wird dieser Stoff auch in modernen dreistufigen Kläranlagen kaum abgebaut, weshalb man ihn auch in österreichischen Fließgewässern und sogar im Grundwasser wiederfindet.
Nun muss man natürlich erwähnen, dass nicht alles, was man messen kann, gleich ein Problem sein muss. Denn immerhin ist die Leistung der modernen Analytik enorm und die Entwicklung stoppt nicht. So wurden in einer Untersuchung des österreichischen
Grundwassers 2018 Diclofenac noch bis zu einer Konzentration von 0,1 ng/L nachgewiesen. Das entspricht in etwa einer halben Tube Schmerzsalbe oder Gel auf den gesamten Jahreskonsum von Bier in Österreich oder zwei Tuben in der alten Donau. Der Nachweis alleine sollte einem daher noch nicht Sorgen bereiten.
Wesentlich ist nicht, ob ein Stoff gefunden werden kann, sondern ob sein Vorkommen Auswirkungen hat und ab welcher Konzentration. Um beim Beispiel Diclofenac zu bleiben, so verursacht dieses bei einer Konzentration von 500 ng/L bereits Nierenschäden bei Forellen. Ein Wert der nicht mehr so hoch erscheint, wenn man bedenkt, dass in einer Untersuchung von österreichischen
Fließgewässern drei Viertel der Proben mehr als 40 ng/L Diclofenac enthielten.
Jetzt ist Diclofenac aber nur ein Beispiel für einen der unzähligen verwendeten
Arzneimittelwirkstoffe. Als Spurenstoffe kommen aber auch ganz andere Stoffgruppen wie
Pflanzenschutzmittel,
Korrosionsschutzmittel und
viele mehr in Frage, weil sie in niedrigen Konzentrationen vorhanden sind und unerwünschte Wirkungen haben könnten. Noch komplizierter wird es, weil die Stoffe ja nicht sauber getrennt vorliegen, sondern in komplexen Gemischen. Deshalb ist es zurzeit einfach nicht möglich, alle Wirkungen anhand der bloßen Stoffanalytik abzuschätzen.
Neue Entwicklungen verfolgen daher ergänzend zur klassischen Analytik den Ansatz der
wirkungsbasierten Analytik. Hier werden biologische und biochemische Effekte beobachtet und nicht die einzelnen Analyten. Es lässt sich so zum Beispiel beurteilen, ob ein Wasser in seiner gesamten Zusammensetzung z.B. eine östrogene Wirkung aufweist und wie stark diese ist. Eine Aussage, die sich nur mit dem Wissen der Zusammensetzung so nicht treffen lassen könnte.
Wie können wir mit den Spurenstoffen im Abwasser umgehen?
Wegen der eben beschriebenen Eigenschaften wird es immer einleuchtender, dass wir diese Substanzen nicht in unserem Wasser haben wollen. Natürlich sollte man wie bei jedem Problem zuerst versuchen, die Ursache zu beheben. Mit steigendem Verantwortungsbewusstsein der Bevölkerung kann man sicher die Fracht der Spurenstoffe im Wasser reduzieren. Es wird jedoch immer ein Teil der Spurenstoffe den Weg ins Abwasser und somit in die Kläranlage finden, wo alles zusammenläuft und von Profis,
die seit Jahrzehnten die Reinigung des Wassers perfektioniert haben, kontrolliert behandelt.
Die Entfernung der Stoffe ist kein technisches Neuland mehr. Man kann auf die Erfahrungen von Pionieren zurückgreifen, welche insbesondere im letzten Jahrzehnt eine Reihe von Verfahren im großtechnischen Maßstab etabliert haben.
In der Praxis haben sich bisher zwei Verfahren zur Entfernung der Spurenstoffe aus Abwasser durchgesetzt:
1. Aktivkohle
Wenn man Kohle mit bestimmten Verfahren behandelt oder herstellt, bildet sich in ihr ein Netz aus mikroskopisch kleinen Kanälen. Diese Kohle wird dann als Aktivkohle bezeichnet und kann in den Kanälen eine Vielzahl an Substanzen binden. Auch ein großer Teil der bekannten Spurenstoffe lagert sich in diesen Kanälen ein, wodurch man sie aus dem Wasser entfernen kann. Um Wasser mit Aktivkohle zu reinigen, muss dies für eine gewisse Zeit mit der Kohle in Kontakt gebracht werden.Wenn die Kanäle mit den Spurenstoffen gefüllt sind, kann man die Kohle aus dem Wasser entfernen und durch neue oder
regenerierte Kohle ersetzen. Um die Kohle mit dem Wasser in Kontakt zu bringen, kann man entweder Pulveraktivkohle in bereits vorhandene oder eigens dafür errichtete Kontaktbecken einbringen oder man installiert mit granulierter Aktivkohle befüllte Filter. Granulierte Aktivkohle kann unter geeigneten Umständen vom Hersteller wiederaufbereitet und erneut eingesetzt werden. Pulveraktivkohlen werden mitsamt allen gebundenen Schadstoffen zusammen mit dem Klärschlamm verbrannt.
2. Ozon
Mit dieser hoch reaktiven Form des Sauerstoffs werden unerwünschte organische Stoffe angegriffen und zerstört. Die Bereitstellung des Ozons geschieht, indem vor Ort hoch konzentrierter Sauerstoff elektrischer Ladung ausgesetzt wird. Bei der reinen Behandlung mit Ozon fallen keine Stoffe an, die entsorgt werden müssen, jedoch werden die Spurenstoffe nicht immer vollständig abgebaut, sondern manchmal nur verändert.
Die Veränderung kann den weiteren Abbau erleichtern, aber auch einfach nur dafür sorgen, dass die Analytik die Substanzen nicht mehr entdeckt. In besonders ungünstigen Fällen sind die veränderten Substanzen sogar deutlich gefährlicher als die Ausgangsstoffe. Deshalb empfiehlt es sich, insbesondere nach dem Einsatz von Ozon, auch wirkungsbasierte Analytik zu verwenden.
3. Ozon und Aktivkohle
Um sicherzugehen, dass die Spurenstoffe durch die Behandlung mit Ozon auch wirklich entfernt werden, kommt immer häufiger die Kombination mit Aktivkohle zum Einsatz. Dadurch können noch mehr der unterschiedlichen Spurenstoffe erfasst werden. Vor allem kann die Aktivkohle mit einer vorgeschalteten Ozonstufe länger eingesetzt werden.
4. Andere Verfahren
Daneben gibt es Ansätze zur Entfernung von Spurenstoffen aus dem Wasser. Diese finden bisher keine breite Anwendung. Beispiele sind etwa Filtrationsanlagen mit besonders feinen Poren (Membranfiltration), Abbau durch besonders reaktive Chemikalien wie Ferrat oder die Nutzung von Biofilmen auf künstlichen oder natürlichen Aufwuchsflächen.
Obwohl der Einsatz von Aktivkohle oder Ozon mit Aufwand verbunden ist und nicht alle Spurenstoffe vollständig entfernt werden können, so haben sie sich doch aus Kosten- und Performancegründen gegen die Alternativen durchsetzen können.
Fazit: Entfernung von Spurenstoffen aus Abwasser
Wenn man sich mit den Spurenstoffen auseinandersetzt und erkennt, wie viele Substanzen einen Cocktail mit unbekannter Wirkung bilden, stellt man sich die Frage, ob man diese im Wasserkreislauf haben will. Als ganz klare Antwort kann man den Vorschlag der EU werten. Nein, Spurenstoffe sollen nicht in den Wasserkreislauf gelangen und ja, sie sollten entfernt werden. Wir können froh sein, dass ein Großteil dieser Substanzen bereits konzentriert in den Kläranlagen zusammenläuft, wo mit modernen Technologien eine effektive Behandlung sichergestellt ist.
Weil wir uns als verlässlicher und innovativer Partner bei der Behandlung von Wasser verstehen, arbeiten auch wir an praktikablen Lösungen für diese Aufgabe. Als Hersteller von Aktivkohle und von Fällungsmitteln können wir dazu wichtige Synergien nutzen und auf langjährige Erfahrungen zurückgreifen. So haben wir im neuen und innovativen Produkt Donau PAC AQUACLEAR die besten Eigenschaften unserer Aktivkohle und unserer Fällungsmittel vereint. Mehr Informationen über dieses Produkt und über dessen erfolgreichen Einsatz in der Praxis gibt es demnächst hier im DCG-Blog.