Wenn man sich zum Start des Tages am Smartphone informieren möchte, was in der Welt geschehen ist und die Nachrichten aufschlägt, hat man das Gefühl, dass eine Katastrophe die andere jagt. Man wundert sich nicht mehr, dass man immer öfter hört: „Ich lese keine Nachrichten mehr, die deprimieren mich sowieso nur!“. Neben Konflikten und Wirtschaftskrisen bekommt man schon manchmal das Gefühl, wir zerstören den Planeten mit unserer bloßen Existenz.
Und wer kann sich nicht an die guten alten Zeiten erinnern, als man nach der Schule oder in den Ferien am nächsten Bach Staudämme baute oder sich im nächstgelegenen See abkühlte? Es waren unbeschwerte Zeiten; keiner musste sich Sorgen machen um all die Schadstoffe, von denen wir heute ununterbrochen hören.
Aber ist es wirklich wahr, dass früher alles besser war oder lassen wir uns hier von Nostalgie und den Medien dazu verleiten, das Gute im Jetzt zu übersehen und die Hoffnung in unsere Zukunft zu verlieren?
Fortschritt schafft immer auch Herausforderungen
Oft vergessen wir, welche großartigen Leistungen die Generationen vor uns erbracht haben, und dann bewerten wir die Entscheidungen von gestern auch noch mit den Perspektiven von heute. Natürlich bringen große Veränderungen auch immer Nebeneffekte mit sich, die möglicherweise unerwünscht sind, aber diese kann man auch als Auftrag an uns und die nächsten Generationen sehen, die Dinge mit unserem neuen Wissen und den neuen Möglichkeiten kontinuierlich zu verbessern.
So wurden Straßen und Infrastruktur entwickelt, welche als Lebensader von Zivilisationen dienen. Jetzt stellen wir plötzlich fest, dass zu viele Straßen den Boden verschließen und das Versickern von Regenwasser stören. Heute arbeiten Stadtplaner und Universitäten daran, Sickerflächen zu schaffen, welche als grüne Oasen dieses Manko ausgleichen.
Verbrennungsmotor bringt Gewässerversauerung und Klimawandel
In den 1850er Jahren wurde der Verbrennungsmotor entwickelt, welcher die viel schmutzigeren Dampfmaschinen ablöste und die Arbeit für viele Menschen vereinfachte. Als immer mehr dieser Maschinen in Betrieb waren, erkannte man allerdings, dass der im Brennstoff enthaltene Schwefel zu saurem Regen führte, welcher ganze Wälder absterben ließ. Daraufhin entwickelte man in den 1950er Jahren Verfahren, welche den Schwefel aus dem Brennstoff entfernten und konnte in den darauffolgenden Jahren beobachten, wie sich die Natur zur Gänze erholte.
Heute steht man vor der Herausforderung, dass der Prozess der Verbrennung durch Freisetzung von CO
2 eine Veränderung der Atmosphärenzusammensetzung um 0,015 % bewirkte, welche nun das Klima auf unserem Planeten ändert. Weltweit arbeiten daher Millionen von Menschen daran, bessere Alternativen zu finden und zu etablieren.
Halogenierte Kohlenwasserstoffe und die Folgen für die Ozonschicht
Zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurden die halogenierten Kohlenwasserstoffe entwickelt, welche in vielen Bereichen die Sicherheit deutlich erhöhten und auch eine Vielzahl neuer Fortschritte ermöglichten. Aufgrund ihrer hohen Stabilität sind sie nicht giftig und gelten auch als unbrennbar, weswegen sie unter anderem auch als Löschmittel, als Lösungsmittel und auch als Kühlmittel Verwendung fanden.
In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurde aber entdeckt, dass diese Stoffe begannen, die Ozonschicht anzugreifen und so das sogenannte Ozonloch verursachten. Daraufhin begann man Ersatz für die dafür verantwortlichen Substanzen zu entwickeln. Seit dem Ende des 20. Jahrhunderts werden sie bis auf wenige kritische Anwendungen (z.B. Feuerlöscher in Flugzeugen) nicht mehr verwendet und wir können bereits beobachten, wie sich das Ozonloch wieder schließt.
Neue Perspektiven im Wassermanagementmit mit Kläranlagen
Fortschritte in der Medizin, wie die Entwicklung neuer Medikamente und Impfstoffe, haben nicht nur unsere Lebenserwartung deutlich erhöht, sondern erlauben uns auch, die gewonnenen Jahre in deutlich besserem Zustand zu genießen als es vor wenigen Jahrzehnten nicht einmal denkbar war.
Gerade eben, weil diese Stoffe wirken, treten auch immer wieder dort Wirkungen auf, wo man sie nicht wünscht. So gibt es die unerwünschten Wirkungen im Körper, welche mit neuen Technologien der Pharmazie immer mehr reduziert werden, aber auch die Wirkungen in der Umwelt, auf welche man schön langsam aufmerksam wird.
Einem solchen stetigen Prozess der Verbesserung unterliegt auch das Management unseres Wassers. Auch wenn man glauben möchte, dass die Gewässer unserer Jugend deutlich unbelasteter waren, so lassen wir uns hier doch täuschen. Denn in Wahrheit stand es damals nicht gut um unsere Flüsse und Seen, auf welche wir doch so stolz sind. Aber man begann erst Anfang der 1970er Jahre in einzelnen Pionierarbeiten die Abwässer nicht mehr nur in die Gewässer zu leiten, sondern in ersten Kläranlagen mit physikalischen und biologischen Stufen aufzureinigen.
Eutrophierung - wenn Nährstoffe zur Gefahr für das Wasser werden
In Kärnten begann man die Seen zu schützen, indem man um 1970 herum Kanalsysteme und Kläranlagen errichtete und noch vor Fertigstellung beobachten konnte, wie die Belastung mit Unrat und auch Fäkalkeimen im ufernahen Bereich abnahm. Der in den Kläranlagen durchgeführte Abbau der Verunreinigungen, die sogenannte Mineralisierung, baute die Stoffe bis zu ihren mineralischen Grundkomponenten ab, wodurch die hygienische Situation deutlich verbessert wurde.
Aber auch zu dieser Zeit war schon bekannt, dass diese Grundprodukte, allen voran Phosphat und Ammonium, das Pflanzenwachstum beschleunigen und in Gewässern zu unerwünschter Eutrophierung führen. Eutrophierung bezeichnet die Überdüngung eines Gewässers mit Nährstoffen, dessen Auswirkung am Beispiel der Kärntner Seen in Form von unerwünschtem und ausgeprägtem Algenwuchs zu beobachten war.
Dieser unerwünschte Algenbewuchs reduzierte nicht nur das Badevergnügen, sondern erzeugte sogar sogenannte Todeszonen in manchen der Seen. Diese Zonen sind durch den Fäulnisprozess der absterbenden Algen vollkommen befreit von Sauerstoff und ermöglichen kein Leben mehr. Zu diesem Zeitpunkt wurde das Problem - zumindest für die Seen – gelöst, indem die Kläranlagen in die Abläufe der Seen oder andere Fließgewässer leiteten und somit die Eutrophierung auf die Fließgewässer verschoben wurde, wo zumindest der Sauerstoffeintrag höher war.
Kommunale Abwasserrichtlinie legt erstmals Grenzwerte fest
Mit der Kommunalen Abwasserrichtlinie von 1991 (Richtlinie 91/271/EWG) wurden dann unter anderem auch Grenzwerte für diese Nährstoffe eingeführt. Damit waren Kläranlagen ab den 90ern verpflichtet, Ammonium abzubauen und Phosphat zu fällen. Innerhalb desselben Jahrzehnts konnte noch eine deutliche Verbesserung der Gewässerqualität festgestellt werden. Als einziger Hersteller von Eisen- und Aluminium- basierenden Fällungsmitteln in Österreich sind wir auch stolz, seit 1992 einen kleinen Beitrag zum Schutz unserer Gewässer leisten zu können.
Chemische Sanierung mit Eisenchlorid
In den 90er Jahren wurde auch bei Gewässern, welche aufgrund von geringem Flüssigkeitsaustausch die Überdüngung nicht mehr abbauen konnten, mit Sanierungsmaßnahmen begonnen. Ein besonders spannendes Projekt war hier die Sanierung der Alten Donau, wo 1995 und 1996 mittels Fällung durch Donau Klar Classic das Nährstoffverhältnis korrigiert wurde.
Hierzu wurde mittels speziell modifizierter Schiffe das Eisenchlorid mit Trinkwasserqualität aus Tankzügen entnommen und großflächig verteilt. Durch die Reaktion von Eisen und Phosphat bildete sich so das wasserunlösliche Eisenphosphat, welches somit zu einem unproblematischen Teil des natürlichen Sedimentes wurde.
Ohne diese Maßnahme hätte sich die Alte Donau durch Wuchern von Algen und deren anschließendes Absterben in eine stinkende Pfütze verwandelt. Ergänzend zur chemischen Sanierung wurden noch eine Reihe weiterer Maßnahmen (z.B. Sanierung der Kanalisation, verbesserter Wasseraustauch) gesetzt, wodurch dieses für Wien wichtige Naherholungsgebiet erhalten werden konnte.
Hohe Bade-Wasserqualität in Österreich
Und auch wenn wir durch rasante Entwicklungen in der Analytik immer wieder Stoffe finden werden, welche wir uns nicht in unserem Wasser wünschen, so müssen wir doch anerkennen, dass in den letzten 50 Jahren großartiges zum Schutz unserer Gewässer geleistet wurde. Ganz anders, als man vielleicht zu glauben verleitet ist, haben wir diesen Sommer wohl in so sauberen Seen und Flüssen gebadet, wie es Generationen vor uns nicht mehr konnten. Dies zeigt auch eine Studie der Europäischen Umweltagentur zur Bade-Wasserqualität in der EU, in welcher Österreich mit 97,7 % der geprüften Badestellen in exzellenter Qualität den ersten Platz belegte.
Wassermanagement der Vergangenheit als Ansporn für die Zukunft
Obwohl ich überzeugt bin, dass Vieles besser und nicht schlechter wurde, so bedeutet dies nicht, dass wir neue Erkenntnisse ignorieren können. So können wenige Mikrogramm Medikamentenrückstände pro Liter noch negative Auswirkungen auf die Gewässer haben. Diese Konzentrationen hätten vor ein paar Jahren analytisch gar nicht erfasst werden können. Angespornt von den Leistungen der Vergangenheit, sollten wir daher den stetigen Prozess der Verbesserung fortführen, damit auch die nächste Generation unbesorgt am nächsten Bach Staudämme bauen oder sich im nächstgelegenen See abkühlen kann.
Verweise:
Kommunale Abwasserrichtlinie:
Europäische Union Richtlinien | RL 91/271/EWG
Richtlinie 91/271/EWG über die Behandlung von kommunalem Abwasser Kommunale Abwasserrichtlinie
https://www.bmuv.de/gesetz/richtlinie-91-271-ewg-ueber-die-behandlung-von-kommunalem-abwasser
Maßnahmen zur Seensanierung in Kärnten 141-162:
Zoologisch-Botanische Datenbank/Zoological-Botanical Database
Digitale Literatur/Digital Literature
Zeitschrift/Journal: Wasser und Abwasser
Jahr/Year: 1972-1973
Band/Volume: 1972-1973
Autor(en)/Author(s): Sampl Hans
Artikel/Article: Maßnahmen zur Seensanierung in Kärnten 141-162
Sanierung Alte Donau Schlammstabilisierung:
Wiener Wasserbau / Service für eine Grossartige Stadt
Datenspeicher Laboratorium 26.08.1995
Spitzenplatz für Österreichs Badegewässer:
https://www.umweltbundesamt.at/news220603