Marktanalyse

Tenside: Engpass bei Rohstoffen für die Herstellung von Tensiden

Donauchem
Tenside gehören zu den wenigen chemischen Verbindungen, die in Westeuropa in einer Gesamtmenge von jährlich etwa 2,5 Millionen Tonnen für verschiedenste Anwendungen eingesetzt werden. Aktuell gerät die Rohstoffversorgung für natürliche und synthetische Tenside aber zunehmend durch Engpässe bei den wichtigsten Rohstoffquellen für die Tensid-Synthese unter Druck. Welche Rohstoffe davon betroffen sind und wo die Ursachen liegen, zeigen wir in einem kurzen Überblick. 
 

Tenside und deren Rohstoffbasis

Die Funktion von Tensiden besteht darin, die Oberflächenspannung einer Flüssigkeit oder die Grenzflächenspannung zwischen zwei Phasen herabzusetzen und die Bildung von Dispersionen zu ermöglichen bzw. als Lösungsvermittler zu wirken. Die besondere molekulare Struktur von Tensiden schafft die Voraussetzungen dafür: 
  • Tenside sind Verbindungen, deren Moleküle einen hydrophilen (polaren) Molekülteil und einen hydrophoben (unpolaren) Molekülanteil enthalten. 
  • Der Kopf ist wasserliebend (hydrophil), der Rest hingegen wasserabweisend (hydrophob) und fettliebend (lipophil). 
  •  In einer wässrigen Phase wandern die hydrophoben Enden immer dorthin, wo das Wasser an einen anderen Stoff grenzt (z.B. Öl, Luft, Feststoffe). Die wasserliebenden Köpfe zeigen dabei in die wässrige Phase. 
Tensidmolekül
Abb.Tensidmolekül

Die verschiedenen Tenside unterscheiden sich im hydrophoben (fettliebenden) Molekülteil nur geringfügig. Im hydrophilen (wasserliebenden) Molekülteil bestehen hingegen sehr deutliche Unterschiede, da der polare Teil verschieden aufgebaut sein kann: 
  • Für den hydrophilen Molekülteil kommen anionische Reste (negativ geladen), nichtionische (ungeladen), kationische (positiv geladen) oder amphotere Reste (gleichzeitig negativ und positiv geladen) zur Anwendung.
  • Beim hydrophoben Molekülteil handelt es sich immer um einen Kohlenwasserstoffrest, der aus nachwachsenden (pflanzlichen, tierischen) oder fossilen (petrochemischen) Rohstoffen hergestellt werden kann. 
Im Hinblick auf die eingesetzten Rohstoffquellen lassen sich Tenside somit in drei Kategorien unterteilen: 
  1. Tenside, die ausschließlich aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt werden.
  2. Tenside, die ausschließlich aus petrochemischen Rohstoffen hergestellt werden.
  3. Tenside, die sowohl Bestandteile auf Basis nachwachsender als auch petrochemischer Rohstoffe enthalten. 
Die Unterscheidung zwischen natürlichen und synthetischen Tensiden ist allerdings nicht einfach und teilweise auch nicht sinnvoll, da man auch für die Herstellung von Tensiden auf Basis natürlich nachwachsender Rohstoffe zur weiteren Verarbeitung zusätzliche Chemie benötigt, die aus anderen Quellen stammt. 

Petrochemische und oleochemische Synthesewege für Tenside stellen sich wie folgt dar: 

 

Verknappung von natürlichen Rohstoffen für Tenside

Natürliche Tenside sind solche, die aus tierischen und pflanzlichen Fetten oder Zucker hergestellt werden. Die wichtigste Fettsäure für die Herstellung von Tensiden ist die Laurinsäure. Die Fettsäurezusammensetzung von Kokos- und Palmkernölen besteht zu 40 bis 53% aus Laurinsäure. Diese Öle werden daher auch als Laurinöle bezeichnet und überwiegend zur Tensidherstellung genutzt. So basieren etwa die in Wasch- und Reinigungsmitteln eingesetzten Tenside zu rund 80% auf Palmkernöl und 20% auf Kokosöl. Tallöl, ein Nebenprodukt der Zellstoffproduktion, wird ebenfalls zur Herstellung von Tensiden genutzt. 
 

1. Engpass Palmkernöl

Die insgesamt größte wirtschaftliche Bedeutung für die Tensidproduktion aus nachwachsenden Rohstoffen hat Palmkernöl. Palmöl, welches aus dem Fruchtfleisch der Palmfrüchte gewonnen wird, ist sehr arm an Laurinsäuren und nimmt nur eine sehr untergeordnete Rolle als Rohstoffquelle für die Tensidherstellung ein. 
Die wichtigsten Erzeugerländer für Palmkernöl sind Indonesien und Malaysia, deren Marktanteil auf dem Exportmarkt im Jahr 2019 bei knapp 60 bzw. 25 Prozent lag.

Der aktuelle Engpass von Palmkernöl ist in erster Linie auf folgende Faktoren zurückzuführen: 
  • Hohe Nachfrage: Palmöl bzw. Palmkernöl wäre zwar prinzipiell in ausreichender Menge in Asien verfügbar, jedoch ist aktuell die Nachfrage so groß, dass nicht genügend Mengen exportiert werden. Ursache dafür ist, dass in Asien und anderen Märkten in Übersee übermäßig viel Palmkernöl gekauft wird, um in Zukunft jegliche Produktionsengpässe zu vermeiden.
  • Lockdown Malaysia: Ein Wiederaufleben von Covid-19-Infektionen in Malaysia verschärft den Arbeitskräftemangel und drosselt die Produktion von Palmöl. Das südostasiatische Land hat wegen der Pandemie bereits 20 bis 30 % der geplanten Produktion verloren. Die verhängte Verlängerung des Lockdowns bis zum 28. Juni 2021 belastet zusätzlich die verfügbaren Exportmengen.
  • Lieferkettenstörungen: Ein weiterer limitierender Faktor sind die nach wie vor eingeschränkten Transportkapazitäten aufgrund des Containermangels, ausgebuchter Frachter, überlasteter Häfen und diverser Blockaden. Aktuell bahnt sich ein erneuter Stau an, der deutlich größere Ausmaße als im Suezkanal annehmen könnte. Aufgrund verschärfter Anti-Corona-Maßnahmen in der chinesischen Provinz Guangdong kommt es seit Mitte Juni zu starken Einschränkungen des Schiffsverkehrs im Containerhafen Yantian. Der Hafen zählt zu einem der größten Drehkreuze für den Containerverkehr weltweit.

Herstellung von Tensiden auf Basis von Palmkernöl
Quelle: Herstellung von Tensiden auf Basis von Palmkernöl, IKW Faktenblatt Palmkernöl 
 

2. Engpass bei Rohstoffen zur Herstellung von Palmkern-Derivaten

Auf Basis der Fette aus Palmkernöl, Kokosfett und Tallöl werden Fettsäuren (Laurinsäure, Palmitinsäure, Ölsäure, Stearinsäure, etc.) sowie Fettalkohole gewonnen. Aus Fettalkoholen wiederum entstehen Produkte wie Fettalkoholsulfate (FAS), Fettalkoholpolyglycolether (FAE), Fettalkoholethersulfate (FAES, sulfierte Fettalkoholpolyglycolether) und Methylestersulfonate (MES, sulfonierte Fettsäuremethylester).

Durch die Verknappung von Rohstoffen, die zur Herstellung dieser Derivate erforderlich sind, kommen zum Palmkernöl weitere Produkt-Engpässe hinzu:w
  • Da aktuell immer noch zu wenig Rohöl verarbeitet wird, sind die verfügbaren Mengen an Ethylenoxid und Propylenoxid limitiert. In weiterer Folge führt dies auch zu Verknappungen bei Petrochemikalien wie Glykolen, Glykolethern, Ethanolaminen oder Cumol, die für den Herstellungsprozess von Tensiden wichtig sind.
  • Anionische Tenside machen etwa 50% des Tensidmarktes aus. Für deren Sulfatierungen und Sulfonierungen ist Schwefelsäure unerlässlich. Diese unterliegt aber derzeit einer starken Verknappung.
  • Für Phosphatierungen ist Phosphorsäure notwendig, zu deren Herstellung ebenfalls Schwefelsäure benötigt wird.
  • Methanol, welches für die Herstellung von z.B. Fettsäure-Methylestern benötigt wird, ist bereits seit längerer Zeit knapp und auch aktuell nicht immer einfach verfügbar.

 
 Quelle: FNR, Marktanalyse Nachwachsende Rohstoffe - Band 34
 

3. Engpass bei Zuckertensiden

Für die industrielle Produktion von Zuckertensiden werden ausschließlich nachwachsende Rohstoffe verwendet. Der hydrophile Anteil des Tensidmoleküls wird aus Stärke und Zucker (Weizen, Mais, Kartoffeln, Zuckerrübe, Zuckerrohr) synthetisiert. Als hydrophobe Komponente fungieren Fettalkohole oder Fettsäuren, die in der Regel aus Palmkernöl gewonnen werden. Alkylpolyglycoside werden beispielsweise aus Hexosen bzw. Pentosen und Fettalkoholen hergestellt. 

Die knappe Verfügbarkeit von Palmkernöl und Rohstoffen zur Herstellung von Fettalkoholen und Fettsäuren wirkt sich somit auch auf die Verfügbarkeit von Zuckertensiden aus. 
 

Verknappung von Rohstoffen für synthetische Tenside

Synthetische Tenside werden aus Petrochemikalien und daraus synthetisierten Folgeprodukten hergestellt. Alkane, Alkylbenzole, Olefine und Fettalkohole werden beispielsweise zu sekundären Alkansulfonaten (SAS), Alkylbenzolsulfonaten (ABS) und zu entsprechenden Tensiden auf Basis von Fettalkoholen umgewandelt. Die Ursachen der Rohstoffverknappung sind ähnlich gelagert wie bei Tensiden auf Basis natürlicher Rohstoffe:

Für die Tensidherstellung wichtige Basischemikalien aus dem Raffinerieprozess wie Alkane, Alkylbenzole oder Olefine sind aufgrund der reduzierten Ausstoßmengen von Ethylenoxid und Propylenoxid verknappt. Dasselbe gilt für Petrochemikalien wie Glykole, Glykolether oder Methanol. Ebenso wirkt sich die Verknappung von Schwefelsäure und Phosphorsäure auf die Herstellung synthetischer Tenside aus.
 

Fazit: Rechtzeitig vorsorgen

Ohne Petrochemikalien und natürliche Fette und Öle sind Tenside nicht herstellbar. Neben den Fetten kommen dabei, je nach Syntheseweg beziehungsweise gewünschtem Tensid, noch weitere Chemikalien zum Einsatz. Durch das ungünstige  Zusammentreffen von Engpässen bei den wichtigsten Rohstoffen, einschließlich Schwefelsäure,  könnte vor allem  die Produktion von anionischen Tensiden kritisch werden, die in der Herstellung von Haushalts- und Körperpflegeprodukten Verwendung finden. Berücksichtigen Sie daher diese Engpässe in Ihren Planungen und sorgen Sie rechtzeitig vor!

Abschließend möchten wir Ihnen noch die wichtigsten Tensid-Produkte des Donauchem Portfolios vorstellen. Weitere Produkte finden Sie in unserem Portfolio für Commodities. Bei Interesse an anderen als den hier aufgeführten Spezialprodukten kontaktieren Sie uns bitte.  

Auszug aus dem Tensid-Portfolio der Donauchem

Donauchem GmbH
www.donauchem.at
 
Donauchem

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