Rohstoff-Informationen

Komplexbildner und ihr Einsatz in der chemischen Industrie

22.02.2023

Donauchem

Business Development Manager Chemical Industry

Komplexbildner/Chelatbildner/Enthärter

Komplexbildner sind Verbindungen, die mit Metallionen oder -atomen Verbindungen (sogenannte Komplexe) eingehen können, um unerwünschte chemische Eigenschaften zu maskieren.

Mengenmäßig die größte Bedeutung hat die Entfernung von Ca²⁺ Ionen aus diversen Medien, wo genau diese Ca²⁺ Ionen störend wirken - man spricht hier von Enthärtung. Enthärtung bedeutet also die Entfernung von härtebildenen (Ca²⁺, Mg²⁺) Ionen aus Wasser oder auch aus Schmutz.

Komplex- oder Chelatbildner entfernen ebenfalls störende Ionen aus Wasser oder Schmutz, jedoch binden Komplexbildner neben Ca²⁺ und Mg²⁺ Ionen auch (je nach Art ihres Aufbaues oder ihrer Zusammensetzung) eine ganze Reihe anderer störenden Metall-Ionen wie Fe, Zn, usw.

Definition der Wasserhärte:
1 °dH = 0,18 mmol/l Erdalkalien. Das sind 7,1 mg Ca²⁺- oder 4,3 mg Mg²⁺-Ionen pro Liter Wasser.

Härtebereiche	Wassereigenschaft	°dH
1	Weiches Wasser	0 - 7
2	Mittelhartes Wasser	8 - 14
3	Hartes Wasser	15 - 21
4	Sehr hartes Wasser	> 21

Einfluss von Metallionen während des Reinigungs- bzw. Waschvorganges

Wirkung auf Tenside/Netzmittel (durch hartes Wasser):

Tenside bzw. Netzmittel werden in ihrer grenz- bzw. oberflächenaktiven Wirkung durch den Einfluss und die Anwesenheit von härtebildenden Ionen beeinträchtigt. So bilden Seifen mit Calcium-Ionen schwer lösliche Kalkseifen, welche als Rückstände ausfallen:

Kalkseifen haben keine tensidischen Eigenschaften und verringern dadurch die Waschleistung extrem.

Wirkung von Metall-Ionen im Schmutz:

Da Metall-Ionen die Haftung von Schmutz an der Oberfläche verstärken sowie auch den Zusammenhalt von Schmutzpartikeln, sollten diese aus dem jeweiligen System nach Möglichkeit entfernt werden. Verschmutzungen sind wesentlich besser entfernbar, wenn ihnen Metall-Ionen entzogen werden.

Bildung von Gips- und Kalkablagerungen:

Mit Sulfat-Ionen bilden Ca-Ionen schwerlöslichen Gips:

Bei Temperaturen über 60°C bildet sich aus wasserlöslichem Calciumhydrogencarbonat schwerlösliches Calciumcarbonat (Kalk):

Die Folge in beiden Fällen sind schwer entfernbare Ablagerungen, welche Geräte schädigen und die Waschkraft sehr beeinträchtigen.

Zerfall von Bleichmitteln:

Die Bleichwirkung diverser Bleichmittel wird durch die Anwesenheit von Schwermetall-Ionen zunichte gemacht, da diese den Zerfall von Bleichmitteln katalysieren.

Wirkungsweise von Enthärtern bzw. Komplexbildnern

Durch den Einsatz von Komplexbildnern in Waschflotten werden im Wesentlichen folgende Wirkungen erzielt:

Verhinderung/Unterbindung von Gips- und Kalkablagerungen
Dispergierung von Schmutz/Schmutzpartikeln
Stabilisierung von Bleichmitteln
Verbesserung des Quellvermögens von organischem Schmutz

Unterschieden werden folgende drei Wirkmechanismen:

Komplexierung
Fällung
Ionentausch

Wirkungsweise diverser komplexbildenden Substanzen und Produkten

Na-triphosphat	Wirkt komplexierend. Schnelle Bindung von Ca-Ionen. Wirkt dispergierend und unterstützt dadurch den Reinigungsvorgang. Ungiftig.	Na₅P₃O₁₀
Phosphonate	Vergleichbare Wirkung und Eigenschaften wie bei Na-triphosphat.
Polycarboxylate	Wasserlösliche Ionentauscher. Polycarboxylate entfalten ebenfalls eine sehr rasche Bindung, Wirkung bei der Enthärtung. Während der Enthärtung/Komplexierung werden je zwei Na-Ionen durch ein Ca- oder Mg-Ion ersetzt.
Gluconate	Ein Enthärter ohne Düngeeffekt. Biologisch abbaubar. Aus nachwachsenden Rohstoffen, da Gluconate aus Glucose hergestellt werden.
EDTA (Ethylendiamintetraacetat)	Schnelle komplexierende Wirkung. Bildet sehr stabile Ca-Komplexe und auch Komplexe mit weiteren Schwermetall-Ionen. Nachteil: EDTA wird nur langsam abgebaut.
Citronensäure	Wirkt wasserenthärtend; bei höheren Temperaturen jedoch etwas schlechtere Wirkung. Biologisch abbaubar.
Seife	Härtebildende Ionen werden als Kalkseifen gebunden. Biologisch abbaubar.	----
Zeolith A	Bestandteil der meisten pulverförmigen Waschmittel. Wirkung ähnlich wie bei Polycarboxylaten. Der Nachteil liegt im relativ langsamen Einsetzen der Wirkung. Nach heutigem Wissenstand der umweltverträglichste Enthärter.	x Na2O · y Al2O3 · z SiO2.

Kapazitäten der diversen Komplexbildner

Ist naturgemäß abhängig von der Art des eingesetzten Enthärters, der Temperatur und der jeweiligen Wasserhärte:

Bindungskapazitäten von Enthärtern in mg Ca²⁺-Ionen pro 1 g Enthärter
Enthärter / Temperatur:	20 °C	90 °C
Phosphonat	281	270
NTA	204	144
Polycarboxylat	200	170
EDTA	156	110
Triphosphat	113	81
Zeolith	-	» 81 (bei 60 °C)
Citrat	139	21
Gluconat	90	-
Seife	» 65	-

Anwendungsgebiete von Komplexbildnern in der (chemischen) Industrie

Oberflächenveredelung, Galvanik, Elektrochemie; Elektronikindustrie	Verhinderung bzw. Rückgang von Metall/Metallsalzausfällungen in Bädern. Verhinderung von Verunreinigungen durch Fremdmetall-Ionen in Behandlungsbädern. Verbesserung der Qualität der Endprodukte
Textil- und Lederindustrie	Stabilisierung von Peroxid-Bleichlaugen. Beseitigung von Spurenmetallen zum Schutz von Farbstoffen. Reduzierung von Farbtonveränderungen. Verhinderung von metallhaltigen Flecken. Vorbeugung vor Kalk- und Kesselsteinbildung.
Papier- und Zellstoffindustrie	Bindung nicht komplexierter Metall-Ionen, welche den Abbau von Wasserstoffperoxid und Ozon katalysieren. Um Haltbarkeit und Effizienz von Bleichmitteln zu steigern. Verbesserung der Effektivität von Bleichmitteln.
Chemische Industrie	In den unterschiedlichsten Industrien und Herstellungsprozessen haben Metall-Ionen negative Einflüsse auf die Produktion und die Qualität der Endprodukte. So kommen Komplexbildner zum Einsatz in: Polymerisation Synthese von Polyestern und Polyethern Produktion von anorganischen und organischen Peroxiden Produktion diverser anorganischer Produkte Kosmetikindustrie Öl- und Gasindustrie Produktion von Farbstoffen Produktion von Druckfarben Etc.
Reinigungsmittel/Waschmittel	Wasserenthärtung. Schmutzfänger. Vorbeugung von Gips- und Kalkablagerungen. Verstärkung der Reinigungskraft.