Qualität & Sicherheit

Biogas statt Erdgas? Bei den hohen Anforderungen braucht es Aktivkohle

Donau Carbon

Aufgrund der aktuellen Ereignisse steht Biogas wieder einmal stärker im Fokus und diesmal weniger wegen der bereits bekannten Nachhaltigkeit, sondern eher aufgrund der Versorgungssicherheit. Dementsprechend aus doppeltem Grunde soll die Aufbereitung von Biogas zur Einspeisung ins Erdgasnetz sowie die generellen Kapazitäten intensiviert werden.

Seit den ersten Anfängen der Biogasproduktion in Deutschland ist vor allem im europäischen Ausland ein wahrhafter Boom bei der Inbetriebnahme von neuen Anlagen einhergegangen. Allein in Deutschland gibt es mittlerweile knapp 10.000 Biogasanlagen, die zusammen rund zehn Milliarden Kubikmeter Gas mit einem Energiegehalt von circa 100 Terawattstunden (TWh) pro Jahr erzeugen – was rund zehn Prozent des deutschen Gasverbrauchs entspricht.
Immer mehr Biogasanlagenbetreiber nutzen den finanziellen Vorteil, ihr Produkt in das normale Gasnetz einzuspeisen. Tatsächlich aufbereitet und ins Gasnetz eingespeist werden in Deutschland derzeit ca. 10 Prozent des Biogases. Die übrigen 90% werden direkt am Ort der Entstehung in Blockheizkraftwerken zu Strom und Wärme umgewandelt – was ebenfalls in direktem Bezug zum Erdgasverbrauch steht, da diese erzeugten Strom- und Wärmemengen nicht durch Erdgaskraftwerke bereitgestellt werden müssen.
Für beide Einsatzzwecke besteht die Voraussetzung eines sehr reinen Biogases - nahezu frei an Schwefelwasserstoff, was durch eine Aufbereitung des Rohbiogases durch Aktivkohle erreicht werden kann.
Mit dem Fokus auf Kostensenkung und Effizienzsteigerung in der Aufbereitung von Biogas haben wir von Donau Carbon neue Aktivkohlen für höchste Ansprüche entwickelt, welche auch unter schwankenden Bedingungen seit Jahren erfolgreich eingesetzt werden. Damit versuchen wir unseren Beitrag zur ökologischen Wende wie auch der aktuellen Versorgungssicherheit zu leisten.
 

Herkunft und die Probleme mit dem Schwefel

Eine immer wichtigere Rolle für die Nachhaltigkeit und Autarkie in der Energieversorgung spielt die Deponie- und Biogasbehandlung. Denn Biogas gilt als umweltfreundliche Energiequelle neben Wind- und Sonnenenergie. Kommunen wie auch landwirtschaftliche Betriebe entschließen sich daher immer häufiger zur Errichtung von Biogasanlagen.
Als Basis dienen pflanzlich und tierische Abfallprodukte aus der Landwirtschaft, aus denen Faulgase gewonnen werden. Als Nebeneffekt entstehen dabei allerdings auch Schwefelwasserstoff, den es zu entfernen gilt.
Der Hintergrund dabei ist, dass es keine Kohlenstoffquelle gibt, die ohne Schwefel vorkommt. Ob es Schlachthofabfälle sind, die hohe Konzentrationen an Eiweiß enthalten oder Substratpflanzen, wie Mais, Getreide oder Gras. Überall ist ein Schwefelanteil vorhanden.
Während in Deutschland der Großteil der Biogasproduktion auf der Fermentation von landwirtschaftlichen Abfällen, Gülle und eigens angebauten Energiepflanzen basiert, ist in anderen europäischen Ländern der Markt anders strukturiert. In Frankreich, Luxemburg, Schweden und der Schweiz wird die Gasproduktion von kommunaler Abfallversorgung und Haushaltsabfällen dominiert. Der Einsatz von nachwachsenden Rohstoffen spielt dort eine untergeordnete Rolle.
Das Rohbiogas in sogenannten Fermentern entsteht bei der Vergärung von Substraten biologischen Ursprungs. In diesen befinden sich Mikroorganismen, die Biogas als Stoffwechselprodukt erzeugen. Die Bakterien in der Biogasanlage produzieren neben Methan - das Rohbiogas besteht zu 45 bis 70 Prozent aus Methan (CH4) - leider auch noch Schwefelwasserstoff. Andere Schwefelverbindungen werden im Parameter Gesamtschwefel betrachtet. Diese haben eine korrosive Wirkung und müssen daher aus dem Biogas entfernt werden. Andernfalls gefährden sie Anlagenteile und Gasverbrauchseinrichtungen, z.B. versauert das Motoröl, wodurch es seine schmierende Eigenschaft verliert und Motorschäden entstehen können.
 

Entschwefelungstechniken

Bei den verfügbaren Verfahren unterscheidet man in Grob- und Feinentschwefelung entsprechend der Schwefelkonzentration im Reingas. Bei sehr hohen Schwefelgehalten mit z.B. weit mehr als 500 ppm empfehlen wir daher zunächst eine Grobentschwefelung. Hierzu setzt man im Vorfeld ein Produkt auf Eisenchloridbasis ein, welches unsere Schwester-Unit der Donau Chemie Wassertechnik mit dem Namen Bellamethan entwickelt hat und seit Jahren erfolgreich einsetzt.
Generell gilt, dass die Grobentschwefelung sowohl auf biologischem Wege als auch auf chemischem Weg durchgeführt werden kann, wobei sich die chemische Variante mit der Zugabe der Eisensalze bewährt hat. Aktivkohle wird ökonomisch am sinnvollsten zur Feinentschwefelung eingesetzt.
Aufgrund der jahrzehntelangen Erfahrung zum Einsatz der Aktivkohle bei der Entschwefelung von Erdgas (Oxorbon) stand dem erfolgreichen Einsatz von Aktivkohle nichts im Wege und ist längst Stand der Technik.
Bei diesem Verfahren wird H₂S katalytisch in elementaren Schwefel umgewandelt, der von der Aktivkohle adsorbiert wird. 
Gesamtreaktion:       H2S + ½ O2 → S + H2O


Optimale Betriebsparameter

Aufgrund unserer langjährigen Erfahrung zum Einsatz von Aktivkohle empfehlen wir folgende Betriebsbedingungen für die optimale Nutzung unserer hochwertigen Aktivkohleprodukte. Da gibt es viel zu beachten und bei der Planung bereits zu berücksichtigen!
  • Verweilzeit: Mindestens 5 Sekunden ⇨ Ausreichend Kontaktzeit für den Ablauf der chemischen Reaktion bei der Adsorption
  • Gasgeschwindigkeit: 5 – 40 cm/s ⇨ Erzeugung einer gleichmäßigen Strömung entlang des gesamten Aktivkohlebetts
  • Temperatur: 10 – 70 °C ⇨ Unterhalb einer Temperatur von 10 °C kann eine verringerte Adsorptionskinetik der Chemisorption zu einer unvollständigen Ausnutzung der Adsorptionskapazität der Aktivkohle führen. Oberhalb einer Temperatur von 70 °C kann es zur Bildung von SO₂ aus H₂S kommen, was zu Korrosion an den Anlagen/Geräten führen kann.
  • Relative Gasfeuchte: Einsatzbereich: 20 – 80 % r.F. Nicht alle Biogasanlagen werden unter eher höheren oder gleichmäßigen Gasfeuchten betrieben. Als wesentlicher Unterschied und Vorteil für unsere Kunden zeigt unsere Desorex® G 50, auch bei geringen Gasfeuchten eine sehr gute Performance und ist somit immer einsatzbereit.
    • konstante Leistung bei nahezu allen Gasfeuchten
    • flexible und unkomplizierte Anwendung
 

Möglichkeiten und Grenzen

Hohe H2S-Konzentration von z.B. weit mehr als 500 ppm machen den Einsatz von Aktivkohle unwirtschaftlich, da die Standzeiten sehr kurz und die Wechselintervalle zu häufig sind. Die Personal- und Entsorgungskosten sind demensprechend hoch, was sich auf den Preis und damit Wirtschaftlichkeit des Biogases auswirkt.
In diesen Fällen bietet es sich an, dass der Schwefel mittels einer Grobentschwefelung oder bereits direkt im Gärprozess durch Zugabe von weiteren Additiven gebunden wird, siehe Erklärungen weiter oben. Dadurch wird die H2S-Konzentration deutlich gesenkt, so dass die Aktivkohle die Feinentschwefelung zum Schutz der weiteren Anlagen übernehmen kann.
Weiterhin gibt es bei den Grenzen zur Erzeugung von Biogas immense Unterschiede bei den einsetzbaren Substraten, da die Biomethanerträge je nach Substrat immensen Schwankungen unterliegen. So erzielt Gülle einen Ertrag von ca. 20m³ Biomethan pro Tonne, während Gras und Mais auf ca. fünffache Werte kommen.
 

Hohe Anforderungen vor der Einspeisung ins Erdgasnetz

Für den Anlagenbetreiber der Biogaserzeugung sind die Anforderungen der Gasnetzzugangsverordnung (GasNZV), die auf dem Energiewirtschaftsgesetz basieren, ausschlaggebend. Demnach besteht eine vorrangige Anschlusspflicht für Biomethan, sofern die Einspeisung technisch möglich und wirtschaftlich nicht unzumutbar ist (§34 GasNZV).
Biogas besitzt außer Methan viele Gasanteile, die abgetrennt werden müssen, damit es die Anforderungen für die Einspeisung ins Gasnetz erfüllt. Neben dem Abscheiden von Kohlendioxid dem größten Anteil mit 25 - 50%, müssen noch Schwefelverbindungen, Ammoniak sowie weitere Spurenelemente entfernt und das Gas getrocknet werden. Nachfolgend sollen die Verfahren zur notwendigen Abtrennung des Kohlendioxids genauer betrachtet werden. Eine Abscheidung im Rohbiogas kann auf verschiedene Arten geschehen. Die Methoden unterscheiden sich deutlich in ihrem spezifischen Strom- und Wärmebedarf und können grundsätzlich zwischen physikalischen Verfahren, wie etwa die Druckwechseladsorption (PSA), die Druckwasserwäsche, Membranverfahren oder Tieftemperaturrektifikation; chemischer Abtrennung, wie bei der Aminwäsche, oder chemisch-physikalische Techniken unterschieden werden.
Bezogen auf die Anzahl bisher realisierter Anlagen dominieren die chemische Wäsche, Druckwechseladsorption (PSA) und die Druckwasserwäsche (DWW). Membranverfahren sind bisher nur in den Niederlanden, Österreich, Großbritannien und Deutschland zur großtechnischen Anwendung gekommen. Bei einzelnen Anlagen wird auch die im Bereich der Biogaseinspeisung noch sehr neue Kryotechnik genutzt.
Welches Verfahren das sinnvollste ist, hängt immer von den Randbedingungen ab. Betrachtet man die spezifischen Kosten für kleinere Aufbereitungskapazitäten sind die Aminwäsche und Membranverfahren die wirtschaftlichsten Methoden zur Gasaufbereitung.
Nach der Aufbereitung findet die Einspeisung im Wesentlichen über einen Kompressor statt, der das Druckniveau des Bioerdgases auf das der angeschlossenen Druckgasleitung anhebt. Dabei gilt als Voraussetzung für die Einspeisung, dass die Qualität des einzuspeisenden Biogases den Bestimmungen der Gasklasse vor Ort entspricht.
Bei der Einspeisung von Biomethan wird aus qualitativen Gründen zwischen Austauschgas und Zusatzgas unterschieden. Das Austauschgas hat dieselbe Qualität wie herkömmliches Erdgas und kann dieses somit vollwertig ersetzen. Demgegenüber ist das Zusatzgas in der Zusammensetzung dem Erdgas nicht äquivalent und kann deshalb nur zum Teil dem Erdgas beigemischt werden. Je nach geografischer Herkunft unterscheiden sich die in Deutschland verfügbaren Erdgase. Dadurch ist auch der erforderliche Grad der Aufbereitung des Biomethans regional verschieden.
Erdgas wird in „Erdgas L (low)“ und „Erdgas H (high)“ unterschieden. Erdgas H hat einen höheren Brennwert als Erdgas L und wird hauptsächlich in den GUS-Staaten und in der Nordsee gefördert. Erdgas L enthält ca. 89 Prozent brennbare Gase (hauptsächlich Methan, aber auch kleine Teile von Ethan, Propan, Butan und Pentan), während Erdgas H aus ca. 97 Prozent brennbaren Gasen besteht.
Die Netzeinspeisung bietet den Vorteil, dass die Nutzung von Biogas fern ab vom Erzeugungsort ermöglicht wird.
 

Reaktivierung  vs. notwendige Entsorgung

Die eingesetzten, verbrauchten Aktivkohlen werden Gebrauchtkohlen genannt und sind nach ihrem Einsatz zur Entschwefelung meist sehr hoch mit Schwefel beladen. Hier sind Werte von mehr als 50% keine Seltenheit. Dadurch ergeben sich in der aktuellen Reaktivierungstechnik eindeutig eine Überschreitung der Grenzen, die eine Reaktivierung dieser hoch schwefelbeladenen Gebrauchtkohlen aktuell unmöglich machen.
Denn für unsere Reaktivierungsanlagen gibt es für die Gebrauchtkohle bestimmte Grenzwerte, wie z.B. für Schwefelverbindungen. Diese gilt es einzuhalten um wiederum den Schutz von Umwelt und Anlagen beim Reaktivierungsprozess sicherstellen zu können. (siehe https://blog.donau-chemie.com/blog-posts/Donau-Carbon/Biogas-statt-Erdgas-Bei-den-hohen-Anforderungen-b)
Aufgrund der Einstufung als Abfall sind alle gebrauchten Aktivkohlen, unabhängig von Rohstoffbasis und Art der Anwendung, von der Düngemittelverordnung (DüMV § 3, sowie Anlagen 1 und 2) ausgenommen und dürfen daher nicht als Düngemittel ausgebracht werden (DüV § 3).
Gebrauchte Aktivkohle ist gemäß der dem Abfall vom Benutzer eigenständig zugewiesenen Abfallschlüsselnummer zu entsorgen. Für die ordnungsgemäße Entsorgung von gebrauchter Aktivkohle ist ein zugelassenes Entsorgungsunternehmen erforderlich.

  • Fachgerechte Entsorgung von gebrauchter/beladener Aktivkohle
  • Zertifizierter Entsorgungsfachbetrieb
  • Entsorgung in der Regel als ungefährlicher Abfall
  • Ausstellung eines entsprechenden Entsorgungs- / Verwertungsnachweis

 

Zusammengefasst

Biogas, oder genauer gesagt Biomethan, kann in der Tat einen deutlichen Beitrag leisten die Liefersicherheit zu erhöhen sowie gleichzeitig den Weg der Nachhaltigkeit und damit die Verringerung des Einsatzes fossiler Energieträger fortzuführen. Die Substrate sind reichlich vorhanden, insofern der Thematik Anbaubiomasse (Energiepflanzen) Rechnung getragen wird. Die Techniken für die Aufbereitung des Biogases zu Biomethan und damit Einspeisung in das Gasnetz sind Stand der Technik und bestens etabliert.
Ein kleiner, obligatorischer Baustein dabei ist die Verwendung von Aktivkohle zur (Fein-) Entschwefelung des Gases und für den richtigen Einsatz unserer qualitativ hochwertigen Aktivkohlequalitäten bei den meist sehr unterschiedlichen Bedingungen beraten wir Sie gerne.
Für die Biogasanlagen sind auch unsere mobilen Filtersysteme sehr gefragt, die in jeder Hinsicht flexibel sind: Die Filter kleiner und mittlerer Größen werden nach Einsatz komplett ausgetauscht. Für größere Filter gibt es Einrichtungen zum Wechseln der beladenen Aktivkohle. Donau Carbon bietet auf den Bedarf der Kunden abgestimmte Logistik­ und Wechselkonzepte an, die Personal­ und Betriebskosten senken. Betriebsbereite Teil­ oder Komplettlösungen (d. h. Aktivkohlefilter inklusive aller notwendigen Komponenten) stehen jenen Kunden zur Verfügung, die für die Wartung der Filteranlagen keine eigene Logistik oder kein Personal haben. Zudem gibt es die Möglichkeit, die Filter auch nur anzumieten – für temporären Bedarf oder um zu testen, inwieweit ein Adsorptionsverfahren wirtschaftlich einsetzbar ist.
 
Autor: Leiter der Anwendungstechnik Marco Müller
Gemeinsam mit seinem Team arbeitet er laufend an hochwertigen Aktivkohlequalitäten und innovativen Anwendungslösungen. Die Anwendungstechnik untersteht Gabriele Neuroth, Bereichsleiterin Anwendungstechnik / Qualitätssicherung der Donau Carbon.

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