Einblicke

„Ölwechsel“ in der Biogasanlage

Donau Chemie Wassertechnik
ENTSCHWEFELUNG. Aus Bioabfällen produziert die Biogas Bruck Methan für die Einspeisung ins Erdgasnetz sowie Düngemittel. In dem nachhaltigen Verwertungskreislauf spielen Produkte der Donau Chemie eine Schlüsselrolle.

Was Bernadette Mauthner, Geschäftsführerin der Biogas Bruck/Leitha, in der Hand hält, sieht aus wie ein Pferdeschweif oder ein Baströckchen: hellbeige grobe Fasern, die an einem Metallstück befestigt sind. Es ist das offengelegte Innenleben einer Filtermembran – vielleicht das Herzstück der Biogasanlage im niederösterreichischen Bruck an der Leitha. Die rund 20.000 Euro teure Membran scheidet Kohlendioxid aus dem Rohbiogas ab, damit es als Biomethan ins Gasnetz eingeleitet werden kann.

„Wir sind eine von nur 14 Anlagen in Österreich, die das Rohbiogas aus Reststoffen so aufbereiten, dass es Erdgasqualität hat“, erklärt Bernadette Mauthner nicht ohne Stolz. 3,3 Millionen m3 Biomethan produziert die Anlage in Bruck pro Jahr. Die nachhaltige Energie entsteht durch die Vergärung von jährlich 34.000 Tonnen Reststoff en aus der Lebens- und Futtermittelindustrie, der Landwirtschaft sowie aus Großküchen- und Kantinenabfällen. Als Nebenprodukt fallen 34.000 m3 Düngemittel („Terra Juva“) an.

Die Umrüstung der 2004 errichteten Anlage von Strom- und Wärmeproduktion auf Biogas erfolgte 2014. Damals lief ein Ökostromtarif aus, und ohne Unterstützung war die Stromerzeugung wirtschaftlich nicht mehr tragfähig.

 

„Schmierstoff“ für einen reibungslosen Prozess

Die Grundsatzentscheidung für Biomethan fiel in Bruck jedoch schon früher: Seit 2007 wurde in einer kleinen Pilotanlage erforscht, ob es möglich ist, Rohbiogas für das Erdgasnetz einspeisetauglich zu machen. „Da wurde viel getestet. Man hat gesehen, was bei der Aufbereitung zu tun ist und was man tunlichst lassen sollte“, erinnert sich Werner Gerhold. Der Berater der Donau Chemie Wassertechnik arbeitet bereits seit 2009 mit der Biogasanlage Bruck zusammen.
 
Seit 2014 sorgt er für die Lieferung einiger Stoffe, die im Prozess der Biogasaufbereitung essenziell sind. Denn bevor das Rohgas vom CO₂ befreit werden kann, muss es erst entschwefelt werden. Vier Stoffe aus drei Abteilungen der Donau Chemie kommen zum Einsatz: Donau Bellamethan bindet schon im Fermenter während der Vergärung die Hauptlast an Schwefel, Natronlauge und Wasserstoffperoxid sorgen im chemisch-oxidativen Gaswäscher für die Feinentschwefelung. Schließlich entzieht Aktivkohle weitere flüchtige organische Stoffe, bevor das Gas unter Druck in die Membran zur CO₂-Abscheidung gepresst wird.

Warum die Produkte der Donau Chemie so wichtig sind, erklärt die Geschäftsführerin: „Alles, was wir hier an Betriebsmitteln der Donau Chemie einsetzen, dient auch dem Schutz der Anlagenteile, damit wir sie langfristig sicher und gut betreiben können. Es ist ähnlich wie das Öl im Motor. Es lohnt sich durchaus ein Ölwechsel, bevor man den Motor tauschen muss.“

Über seinen Job sagt Werner Gerhold: „Meine Abteilung liefert flüssige Stoffe in einer Größenordnung von vier bis fünf Tankzügen zu je 23 Tonnen Füllgewicht pro Jahr. Ich kümmere mich darum, dass die Anlieferung und das Befüllen der Tanks reibungslos und sicher ablaufen.“
 
 

Ein perfekter Kreislauf

Die effiziente, zweifache Reststoffnutzung als Biogas und Düngemittel könnte Vorbildwirkung für alle Biogasanlagen in Österreich haben, die bisher nur Strom und Wärme erzeugen – das sind immerhin 95 Prozent. Es gibt nur einen kleinen Schönheitsfehler, bedauert Bernadette Mauthner: „Biomethan ist die einzige erneuerbare Energieform am Markt, für die es kein Unterstützungsregime gibt.“ Auch eine Gesetzesgrundlage, um das Biogas ins Netz einzuspeisen, lasse bislang auf sich warten.

Dabei wäre Methan als gasförmiger Energieträger vielfach einsetzbar, speicherbar, witterungs- und saisonunabhängig und könnte damit einen Beitrag für mehr Nachhaltigkeit und Energieautarkie in Österreich leisten.
 
 

(FAST) ALLEIN UNTER MÄNNERN

In der „Biogas-Szene“ ist Bernadette Mauthner eine von ganz wenigen Frauen. Mauthners Interesse an Chemie manifestierte sich früh. Nach der Matura an der HBLVA Rosensteingasse in Wien zog es die Niederösterreicherin nach Deutschland, wo sie Chemieingenieurwesen studierte und einen Masterstudiengang in Umweltschutz abschloss. Sie war als Prozessingenieurin für Großkraftwerke tätig, hat dann aber irgendwann beschlossen: „Zehn Jahre Deutschland sind genug“. Zurück in Österreich folgte – nach einer Weltreise – ein Intermezzo bei Siemens in Linz, als ihr 2013 jemand einen Tipp zuflüsterte: „Bei der Biogas in Bruck suchen’s eine neue Geschäftsführung.“

„Meine spontane Antwort war: ‚Nein, das interessiert mich nicht, aber ich würde mir gern anschauen, was dort passiert‘“, erzählt Mauthner. Bei der schnell organisierten Betriebsführung waren dann „zufällig“ vier der insgesamt zwölf Gesellschafter anwesend: „So hat sich die Besichtigung zum – letztlich erfolgreichen – Bewerbungsgespräch entwickelt.“ Was Mauthner zunächst hatte zögern lassen, war ihre kommerzielle Unwissenheit: „Ich hatte bis dahin nichts mit wirtschaftlichen Kennzahlen zu tun, sondern ausschließlich mit Kilojoule. Man hat mir aber die Zeit gegeben, mich – nach dem Prinzip learning by doing – in die neue Rolle einzuarbeiten.“ Für ihre erfolgreiche Arbeit in der Kreislaufwirtschaft erhielt Bernadette Mauthner 2018 den ÖGUT-Umweltpreis in der Kategorie „Frauen in der Umwelttechnik“.

Bildmaterial: Stefan Diesner Photography
Donau Chemie Wassertechnik

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